Das Jahressteuergesetz 2019 brachte erhebliche Unsicherheit beim Umgang mit Gutscheinkarten: Konkret fügte der Gesetzgeber damals in § 8 Einkommenssteuergesetz (EStG) eine neue Definition zur Abgrenzung zwischen (steuerpflichtigem) Barlohn und (innerhalb der 44-Euro-Grenze steuerfreiem) Sachlohn ein, die den Umfang der Sachzuwendungen deutlich einschränkt.
Bezogen auf Mitarbeitergutscheine bedeutet dies, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes fortan nur noch Gutscheine und Geldkarten steuerlich begünstigt sind, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen. Beträge, die über prepaid-basierte Gutscheinkarten gewährt werden, sind nach dem neuen § 8 EStG innerhalb der Freigrenzen nur noch dann steuerfrei für die Arbeitnehmenden, wenn sie innerhalb eines "begrenzten Netzwerks von Anbietern" (Closed oder Controlled Loop) eingelöst werden können und den Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz) entsprechen.
Um den Kartenanbietern Zeit zur Umstellung zu geben und die seit Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes am 1. Januar 2020 bestehende Rechtsunsicherheit zu beenden, sieht eine im April 2021 verkündete Nichtbeanstandungsregelung vor, dass auch kreditkartenbasierte sogenannte "Open-Loop-Karten" bis zum 31. Dezember 2021 steuerfrei behandelt werden.
Die Übergangsregelung ist jedoch ausdrücklich nicht anzuwenden bei Geldkarten, die als Geldersatz im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können, insbesondere Geldkarten, die über eine Barauszahlungsfunktion oder über eine eigene IBAN verfügen.
Auf die endgültige Regelung, wann Gutscheinkarten als Sachbezug lohnsteuerfrei anerkannt werden, wurde lange gewartet: Die Regelung, die in das Jahressteuergesetz 2019 zur Abgrenzung von Barlohn und steuerfreiem Sachbezug aufgenommen worden war, war eher unkonkret und ließ eine Menge Fragen offen. Die Antworten hierauf, insbesondere die genauen Kriterien, welche Art von Gutscheinkarten weiterhin als steuerfreier Sachbezug gelten sollen, sollte – so versprach das BMF – in einem entsprechenden Schreiben geregelt werden. Tja, und dieses Versprechen hat das Ministerium allerdings erst im April 2021 erfüllt, mithin ganze 16 Monate nach Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes!
Inzwischen haben natürlich alle Gutscheinkartenanbieter reagiert und ihr Gutschein-System auf die Anforderungen des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (kurz: ZAG) umgestellt.
Die Anbieter sagen: Die Produktweiterentwicklung für die Anforderungen ab 2022 sei bereits seit Monaten umgesetzt, schon heute könnten die Kunden die Karten auf die ZAG-Kriterien beschränken.
Doch worauf kommt es denn eigentlich an, dass Gutscheine auch ab 2022 steuer- und sozialversicherungsfrei den Mitarbeitern ausgegeben werden können?
Was sind also die neuen Voraussetzungen ab 2022?
- Die 44-Euro-Gutscheine müssen Mitarbeiter zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn bekommen. Gehaltsumwandlungen gehen nicht!
- Was sehr positiv ist: Die Freigrenze für Sachbezüge wird von 44 Euro auf 50 Euro erhöht.
- Als Sachbezug gelten dann nur noch Gutscheinkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien von § 2 Absatz 1 Nummer 10 a) oder b) des ZAG (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz) erfüllen. Somit sind zwei verschiedene Kategorien von Gutscheinkarten für den Sachbezug erlaubt:
a) § 2 Abs. 1 Nr. 10a: Gutscheinkarten mit Begrenztem Netzwerk - Gutscheinkarten von Einkaufsläden, Einzelhandelsketten oder regionale CityCards
b) § 2 Abs. 1 Nr. 10b: Gutscheinkarten mit einer Begrenzten Produktpalette - Gutscheinkarten für nur eine Produktkategorie (z. B. nur Fashion etc.)
oder wenn der Mitarbeiter einen Tankgutschein eines einzelnen Tankstellenbetreibers oder einer bestimmten Tankstellenkette erhält, auch dann sind die Voraussetzungen weiterhin erfüllt.
Wenn Gutscheine diese Kriterien nicht erfüllen, gelten sie als Barlohn und sind somit steuer- und sozialversicherungspflichtig!
Achtung! Bei Gutscheinkarten von Onlinehändlern, insbesondere bei amazon-Gutscheinen!
Hier sollten Mitarbeiter nur Waren oder Dienstleistungen aus der Produktpalette des Online-Händlers kaufen können. Verkauft der Online-Händler über seine Plattform auch Produkte von Fremdanbietern, dann ist der Gutschein Barlohn und somit steuer- und sozialversicherungspflichtig!
Somit ist ab 1.1.2022 Vorsicht geboten bei Kauf von Gutscheinen von amazon, die regelmäßig nicht als steuerfreier Sachbezug gelten werden.